Kartierung eines Gewässers

 

  1. Vorwort

Für jeden Verein ist es unabdingbar seine Gewässer zu kennen. Wichtig ist nicht nur die Kenntnis über tatsächlich vorhandene Fische und Nährtiere, sondern auch über das Wasser, die Boden- und Uferbeschaffenheit, die Nutzung und die Belastung.

Gewässer, egal ob Fließ- oder Stillgewässer, sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Landschaft und besitzen einen sehr hohen Stellenwert. Die Nutzung der Gewässer und der Landschaft bringt aber teilweise große Probleme mit sich.

Mit wiederholten Kartierungen können Veränderungen sofort erkannt und bei Bedarf auch nachgewiesen werden. Sie sind mit Sicherheit bei Diskussionen oder sonstigen Bewertungen gute Argumentationshilfen.

Eine einmalige Kartierung kann im Gegensatz dazu nur für einen ganz bestimmten Fall gelten oder als Einzelfallbegründung dienen.

Für jede Jugendgruppe ist die Kartierung eine interessante Aufgabe und für den einzelnen Teilnehmer sehr lehrreich. Für den Jugendleiter stellt sie eine Herausforderung dar.

 

  1. Kartierung und deren Ziele

Je nach Interesse und Verwendungszweck ist die Kartierung eine zielgerichtete Erfassung aller Umstände und deren zeichnerische Darstellung auf Papier- oder Folienunterlagen. Sie verschafft eine schnelle Gesamtübersicht über einen Gewässer- oder Naturbereich, über dessen Lebewesen, Bewuchs, Nutzung oder Gefährdungsgrad.

Eine gute Kartierung hat einen sehr hohen Stellenwert im Natur-, Umwelt- und Gewässerschutz und kann bei evtl. durchzuführenden Maßnahmen eine wichtige Entscheidungshilfe sein.

Sie dient dem Bestandsschutz und je nach Sachlage, auch einer Beweissicherung (Fischsterben, Gewässerverbauung, etc).

Neben der Gewässerkartierung können auch andere Bereiche mittels dieser Anleitung bedient werden: Muschelkartierung, Springkrautkartierung, Bibervorkommen, Kartierung von Fischnährtieren etc.

Von Vorteil wird sein, die Feldarbeit zur Kartierung während der Vegetationszeit zu erledigen, am besten sogar während der Blütezeit. Die genaue Bestimmung der einzelnen Arten ist so wesentlich leichter. Sollten andere Termine wegen evtl. Bauvorhaben oder Veränderungen erforderlich sein, so empfiehlt sich eine Teilkartierung.

 

III. Gestaltung der Kartierungsunterlagen

Der zu kartierende Abschnitt wird im Umriss auf mehrere Folien (je nach Interesse als Detailkarte) aufgezeichnet. Die erhobenen Daten werden dann farblich eingezeichnet und die so gefertigten Folien übereinander gelegt. Durch die unterschiedliche Farbgebung der einzelnen Karten erhält man einen guten Gesamtüberblick.

Auf einem Deckblatt werden Bereich, Gewässer, Abschnitt, Zeit, Verein und Ausführende vermerkt (es können noch weitere Hinweise angeführt werden). Ein kurzes Inhaltsverzeichnis sollte nicht fehlen.

Jeder Folie ist eine Legende mit immer gleichen Zeichen und Begriffen anzufügen.

Kurze Erläuterungen zu den erstellten Karten, dem untersuchten Gewässer, den durchgeführten Untersuchungen sowie eine Gesamtbeurteilung (über evtl. Maßnahmen oder Veränderungen) fördern ein besseres Verständnis.

  1. Mögliche Detailkarten (benötigte Karten siehe Erläuterung VIII)

 

Je nach Interesse und Notwendigkeit können beliebig viele Folienkarten angefertigt werden. Im Folgenden werden die vier wichtigsten genannt:

 

1) Strukturkarte, Gewässergrundkarte

  • Uferlinie, Trampelpfade, Anlandungen, Kiesbänke, Hindernisse, usw.
  • Bauwerke, Leitungen, Rohre, Brücken, Verbauungen, usw.
  • Flurgrenzen
  • Strömungsrichtung
  • Nordpfeil, Maßstab
  • Wassertiefe, Hindernisse im Wasser, Entnahmestellen, usw.

 

2) Vegetationskarte (Florakarte)

  • Unterwasserpflanzen, Hauptarten, Gesellschaften
  • Uferpflanzen, Büsche, Bäume – einheimische oder nicht einheimische
  • Wiesen, Felder, usw.

 

3) Nutzungskarte

  • Badebetrieb, Surfer, Boote, Taucher, usw.
  • Fischerei, sonstige Erholung, usw.
  • Wasserentnahme, Kiesentnahme, Landwirtschaft, usw.
  • Stromerzeugung, Überlandleitungen

 

4) Gefährdungskarte (alle Einflüsse auf das Gewässer)

  • Ufererosion
  • Einleitungen durch Industrie, Verkehr und Landwirtschaft (Brückenrohre, Gräben)
  • Störungen durch Industrie, Verkehr, Freizeit
  • Fressfeinde wie Bisam, Kormoran, Biber, Fischotter, etc.
  • übermäßiger Bewuchs an Wasserpflanzen (z.B. Wasserlinse)
  • Intensive Landwirtschaft

 

Hier kann es bei den einzelnen Detailkarten zu Überschneidungen (Doppelnennungen) kommen, weil z.B. eine Überlandleitung sowohl in der Rubrik Nutzung und auch in der der Gefährdung erscheint. In beiden Karten sollte unbedingt auf die Doppelnennung verwiesen werden.

 

 

  1. Vorbereitung – Planung

 

Ziel sollte sein, alle Gewässer eines Vereins zu kartieren. Mit der Jugendgruppe ist es sinnvoll, mit einem kleinen Abschnitt als Pilotprojekt zu beginnen.

Längere Fließgewässer oder größere stehende Gewässer sollten in geeignete Abschnitte aufgeteilt werden. Die Grenzen dieser Abschnitte können durch markante Punkte, Bauwerke, Bäume oder sonstige Besonderheiten gekennzeichnet werden. Festzulegen ist auch, was die Kartierung enthalten soll.

Kartenmaterial, Landkreis- oder Gemeindekarten müssen besorgt und evt. vergrößert werden. Sind keine geeigneten Karten vorhanden, genügen auch detaillierte Handskizzen.

 

Sehr gute Unterlagen und Hilfen bieten die Ämter für Landwirtschaft und Forsten, die Naturschutzbehörden, Wasserwirtschaftsämter, Gemeinden und Vermessungsämter. Bei diesen Stellen kann man sich die nötigen Unterlagen ggf. über den Vorstand besorgen, außerdem bekommt man Hilfe und Anregungen.

 

 

  1. Benötigtes Material

 

Wichtig ist, dass jeder Teilnehmer für seine jeweilige Aufgabe sein eigenes Material hat, ein ständiges Herumreichen eines Stiftes oder Schreibbretts ist sehr hinderlich.

Unbedingt benötigt werden:

  • Schreibbretter
  • Blei-, Farb- und Folienstifte
  • Papier und Folien DIN A 4 und DIN A 3
  • Taschenrechner
  • Maßband
  • Kompass
  • Lineal, evtl. Dreiecke
  • Bestimmungsbücher aller Art
  • Schlechtwetterausrüstung
  • Fotokamera
  • Merkblätter über Zeichensymbole
  • Kartenmaterial
  • Für die chemische und biologische Gewässeruntersuchung siehe Broschüre Nr. 10 „Gewässeruntersuchungen“

 

 

VII. Durchführung – Aufgabenverteilung

Es ist sinnvoll, die anfallenden Kartierungsarbeiten auf verschiedene Gruppen zu verteilen. Die Anzahl der Gruppen richtet sich nach den Zielen der Kartierung und kann beliebig festgesetzt werden. Jeder Teilnehmer sollte die Tätigkeit ausführen, die er am besten beherrscht. So wird z.B. ein guter Zeichner die Karte zeichnen. Jede Gruppe arbeitet völlig selbständig in ihrem Bereich, die Ergebnisse werden erst nach Vollendung aller Arbeiten zusammengeführt.

 

Die Gruppeneinteilung kann je nach Bedarf erfolgen:

Gruppe 1: Feststellung der vorhandenen Struktur

Gruppe 2: Bestandsaufnahme von Wasser-, Ufer- und Umgebungspflanzen

Gruppe 3: Gewässergütebestimmung

Gruppe 4: Nutzungsbestimmung

Gruppe 5: Gefährdungsbestimmung usw.

 

VIII. Untersuchungsbereiche

 

Um verwertbare Ergebnisse zu erhalten, müssen mindestens vier Bereiche eines Gewässers genau untersucht und in der Kartierung festgehalten werden, und zwar:

 

1.) Wasserbereich (aquatisch)

  1. Sediment
  2. Strömung, Stillwasserzonen, Fließgeschwindigkeit
  3. Wasserpflanzen, Algen, usw.
  4. Wasserbewohner (Fische, Fischnährtiere, Amphibien, usw.)
  5. Gewässertiefe, Flachzonen usw.

 

2.) Uferbereich (amphibisch)

  1. Ufersäume mit Beschaffenheit
  2. Verlandungszonen
  3. Unterstände für Fische
  4. Auswirkung schwankender Wasserstände
  5. Einleitungen (Art und Form)
  6. Sickerungen

 

3) Festlandsbereich (terrestrisch)

  1. Bodenformen
  2. Nutzungsformen
  3. Bewuchs
  4. Erkennbare Auswirkungen auf das Gewässer
  5. Düngungen der Kulturflächen

 

4.) vorhandene Strukturen

  1. Uferform (steil-flach), Unterspülungen
  2. Auflandungen
  3. Sohlverbauungen
  4. Ufersicherungen
  5. Ein- und Ausläufe
  6. Abflusshemmende oder –fördernde Strukturen

Die vorhandenen Strukturen können sich über alle Bereiche erstrecken und sind in allen Bereichen anzuführen.

  1. Vorgehensweise
  2. im Gelände (nur beispielhaft angeführt)
  • Schwerpunkte bilden
  • gleiche Unterlagen austeilen (Feldprotokolle, Formulare)
  • festgestellte Merkmale genau einzeichnen und beschreiben
  • Trennung der Aufgabengebiete und Örtlichkeiten

 

  1. bei der Auswertung
  • mit Farben arbeiten (z.B. Vegetationskarte grün, Nutzung blau, usw.)
  • klare Trennung der Detailkarten
  • Legende immer an die entsprechende Detailkarte heften
  • nicht zwei gleiche Zahlen oder Zeichen verwenden

 

Die Punkte in der Vorgehensweise lassen sich wegen der Vielfalt nicht erschöpfend aufzählen. Die Vorgehensweise muss immer den Gegebenheiten angepasst werden.

 

  1. Grundelemente

 

Bei allen Untersuchungsbereichen (egal ob drei oder mehr), sollten immer vier Grundelemente beachtet werden:

 

  1. Erfassung des Zustandes vor Ort

 

  1. Vorinformationen

Es ist wichtig, alle Informationen einzuholen, bevor man ins Gelände geht. Zu erfassen sind alle Fakten und Besonderheiten wie z.B. Begehbarkeit (Moore, Truppenübungsplatz, gesperrtes Industriegebiet, etc). Die Ergebnisse dieser Vorinformation sind allen Helfern bekannt zu geben.

  1. Geländearbeit

Für die Geländearbeit sind eine Übersichtkarte, ein Lageplan sowie Feldprotokollvordrucke erforderlich. In diese Unterlagen sind die genauen Untersuchungsabschnitte einzuzeichnen.

  1. Umsetzung vor Ort

 

Vor Ort werden die gesammelten Werte und Daten in das Kartenmaterial oder in die Skizzen eingezeichnet. Was zunächst sehr schwierig erscheint, wird bei systematischem Vorgehen schnell leichter, deshalb sollte man die Gruppe nicht unter Zeitdruck setzen. In der Legende müssen sämtliche Zeichen und Bemerkungen erfasst werden. Ob das Eintragen abschnittsweise oder nach Sachbereichen erfolgt, ist unerheblich. Man sollte sich nur einig sein, wer wann etwas einträgt oder einzeichnet.

 

  1. Bewertung des Gewässer- oder Gesamtzustandes

 

Die Bewertung des Gewässer- oder Gesamtzustandes sollte in Form eines kurzen Berichts erfolgen. Die Untersuchungsabschnitte mit den örtlichen Gegebenheiten sollten arbeitsteilig berücksichtigt werden. Größere Einzelabschnitte sollten vermieden werden, da sonst die Eintragungen zu umfangreich werden und die Kartierung damit unübersichtlich wird.

Wichtig ist, dass die Untersuchungsabschnitte genau fixiert und im Lageplan erkennbar sind.

 

  1. Entsprechende Bearbeitung auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse

 

Die von allen Abschnitten gesammelten wichtigen Daten und Erkenntnisse werden nun in das Kartenmaterial eingetragen, beispielsweise nach folgender Verteilung:

    1. Gewässergütekarte
    2. Vegetationskarte
    3. Nutzungskarte
    4. Gefährdungskarte, usw.

 

  1. Vorbereitung von Signaturen und einer Legende

 

Es erscheint sinnvoll, Signaturen für die einzelnen Bereiche festzulegen. Es können hierbei bestehende Zeichen und Symbole benutzt werden, soweit sie allgemein verständlich sind. Andere Kleinstrukturen und Bewuchsformen kann man durch verschiedenfarbiges Schraffieren kennzeichnen.

Bauwerke, natürliche Erhebungen und sonstige markante Punkte sollten gesondert bezeichnet bzw. hervorgehoben werden.

 

Alle Zeichen, Symbole, Schraffierungen oder Bemerkungen müssen in der Legende erklärt werden.

 

Allgemeine Zeichen
  Begrenzung des Untersuchungsgebietes   Gewässer mit Kilometrierung, Fließrichtungspfeil und einmündendem Nebengewässer (nicht Gegenstand der Untersuchung)
  Untersuchungsabschnitt mit Begrenzung und Abschnittsnummer   Lage des Wasserspiegels bei Mittelwasser
Zeichen für Strukturelemente und Nutzungsarten
  Stau   Ufergehölz
  Wasserfall, Sohlabsturz   Laubbaum / Nadelbaum
  Stromschnelle, Sohlgleite   Laubbaumgruppe / Nadelbaumgruppe
  Kolk   Laubbaumreihe / Nadelbaumreihe
  Unterspülung   Feldhecke / Gehölzstreifen
  Abbruch   Baum von besonderer Bedeutung Laubbaum / Nadelbaum
  Schwelle, Furt   Laubwald
  Anlandung   Nadelwald
  Treibsel   Mischwald
  Bank   Grünland
  Insel   Grünland, feucht oder nass
  Felsblock   Grünland mit Obstbäumen
  Felswand   Moor
  Künstlicher Uferverbau   Heide
  Künstlicher Sohlverbau   Acker und vegetationsfreie Nutzfläche
  Verrohrte Gewässerstrecke   Hofraum
  Röhricht   Stillgewässer in der Aue
  Hochstauden   Rasen

XII. Hilfsliste Gewässerbeschreibung

 

  1. Natürlich ist ein Gewässer, wenn es offensichtlich keine von Menschen verursachte Prägung aufweist.
  2. Naturnah ist es, wenn es kaum merkliche Spuren von menschlichen Engriffen aufweist.
  3. Bedingt naturnah ist es, wenn es nur noch teilweise vom Mensch nicht beeinflusste Bereiche aufweist.
  4. Naturfremd ist es, wenn es eine weitgehend von Menschen beeinflusste Prägung aufweist oder völlig verändert wurde.

 

Die Aufzählung kann beliebig erweitert werden, nur sollte die jeweilige Bezeichnung allgemein verständlich sein.

                                                     
 

Art des Gewässers:

Ο Bach

Ο Fluss

Ο See

Ο Baggersee

Ο Kanal

Ο Stausee

Ο Altwasser

Ο etc.

 

Flussverlauf:

Ο gerade

Ο gewunden

Ο verzweigt

Ο mäandrierend

Ο begradigt

Ο etc.

 

     

Breite, Tiefe:

Ο gleichmäßig

Ο wechselnd

 

in Meter angeben

 

 

Strömung:

Ο reißend

Ο schnell fließend

Ο langsam fließend

Ο stehend

 

in m/s angeben

 

 
 
 
 
 

Einleitungen:

Ο Ja / Nein

Ο gewerblich

Ο industriell

Ο Landwirtschaft

Ο Verkehr

Ο etc.

   

Uferneigung:

Ο flach

Ο steil

Ο senkrecht

Ο Abbruch

     

Nutzung:

Ο Trinkwasser

Ο Schifffahrt

Ο Freizeit

Ο Kühlwasser

Ο Energie

 

 

Substrat:

Ο felsig

Ο kiesig

Ο sandig

Ο torfig

Ο tonig

Ο schlammig

 
 
 
 
   

Geruch:

Ο ohne

Ο schwach

Ο stark

nach

Ο Erde

Ο Fisch

Ο Jauche

Ο Teer

Ο etc.

   

Uferbewuchs:

Ο ohne

Ο Bäume

Ο Sträucher

Ο Brennnessel

Ο Neophyten

(z.B. Springkraut)

 

       

Beschattung:

Ο keine

Ο schwach

Ο stark

 

Ο Bäume

Ο Sträucher

Ο etc.

 

 

Verkrautung:

Ο keine

Ο stark

Ο total

durch

Ο Überwasserpflanzen

Ο Unterwasserpflanzen

Ο Schwimmblattpflanzen

 
 
 
   

Gefährdung:

Ο intensive Landwirtschaft

Ο Straßenentwässerung

Ο Industriebetriebe

Ο Schwellbetrieb

Ο Biogas, Gülle- Silagelager

Ο Rundballen / Mähgut (Überschwemmung)

   

Trübung:

Ο klar

Ο schwach

Ο stark

durch

Ο Mineral

Ο Verschmutzung

Ο etc.

 

   

Aufwuchs:

Ο keiner

Ο gering

Ο stark

durch

Ο Kieselalgen

Ο Grünalgen.

 

 

 

Im Büro der Bayerischen Fischerjugend in München können Unterlagen von bereits erfolgreich durchgeführten Gewässerkartierungen eingesehen werden.